Aktuelle Herausforderungen für Direktinvestitionen in der Schweiz
- Remo Daguati, CEO LOC AG

- 14. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Die Schweiz gilt seit jeher als attraktiver Standort für Direktinvestitionen, geprägt von politischer Stabilität, einer robusten Wirtschaft und einer starken internationalen Vernetzung. Doch seit dem Jahr 2025 haben sich die globalen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen deutlich verändert.
Der zunehmende Unilateralismus, die fortschreitende Blockbildung zwischen den USA, Europa, Asien und den BRICS-Staaten sowie verschärfte regulatorische Anforderungen stellen Unternehmen und Investoren vor neue strategische Herausforderungen.
Fragmentierung der Weltwirtschaft: Neue Handelskonflikte und Protektionismus
Die internationale Wirtschaftsordnung ist seit 2025 stärker fragmentiert denn je. Während die USA ihre „America First“-Politik mit protektionistischen Massnahmen weiter vorantreiben, setzt die Europäische Union auf den „Green Deal Industrial Plan“, um strategische Industrien durch Subventionen und Handelsbarrieren zu schützen. Parallel dazu intensivieren China und die erweiterten BRICS-Staaten ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit und entwickeln alternative Handels- und Finanzstrukturen, die unabhängig von westlich dominierten Institutionen operieren.
Für die Schweiz als exportorientierte Volkswirtschaft hat diese Entwicklung spürbare Konsequenzen. Handelsschranken in Form unterschiedlicher technischer Standards und lokaler Förderbedingungen erschweren den Marktzugang. Zudem steigt das Risiko von Sekundärsanktionen, da die traditionelle Neutralität der Schweiz in einem zunehmend polarisierten Umfeld schwerer aufrechtzuerhalten ist. Die Bedeutung multilateraler Abkommen, wie jenen der WTO, schwindet, während bilaterale Verhandlungen und regionale Partnerschaften an Gewicht gewinnen.
Technologischer Wettlauf und verschärfte Investitionskontrollen
Die geopolitische Rivalität zeigt sich besonders deutlich im Bereich der Schlüsseltechnologien. Die USA und China beschränken gegenseitige Investitionen in sensiblen Sektoren wie Halbleiterproduktion, künstlicher Intelligenz und Biotechnologie. Auch die Schweiz, die stark in Forschung und Hightech-Exporte eingebunden ist, sieht sich mit strengeren Investitionsprüfungen konfrontiert. Die EU hat ihre Screening-Mechanismen für ausländische Übernahmen verschärft, was Schweizer Unternehmen bei Akquisitionen in Europa vor zusätzliche Hürden stellt. Gleichzeitig fordern die USA mehr Transparenz bei Schweizer Firmenbeteiligungen, insbesondere wenn Investoren aus China im Spiel sind.
Auf der anderen Seite werben die BRICS-Staaten aktiv um Direktinvestitionen in kritische Infrastrukturprojekte, was neue Geschäftschancen eröffnet, aber auch politische Spannungen verstärken kann. Unternehmen, die in diesen Märkten aktiv sind, müssen daher verstärkt auf geopolitische Risiken achten und ihre Investitionsstrategien entsprechend anpassen.
Steuerliche und regulatorische Anpassungen im Schweizer Wirtschaftsumfeld
Obwohl die Schweiz nach wie vor ein attraktives Steuerumfeld bietet, haben internationale Reformen wie die globale Mindestbesteuerung, die seit 2024 in Kraft ist, einige ihrer Wettbewerbsvorteile gemindert. Gleichzeitig steigen die Compliance-Anforderungen: Strengere Due-Diligence-Pflichten in den Bereichen Nachhaltigkeit und Lieferketten, vorangetrieben durch die EU-CSRD-Richtlinie, betreffen auch Schweizer Unternehmen, die in europäische Märkte exportieren. Zusätzlich erhöhen Klima- und ESG-Vorgaben die Kosten für industrielle Grossprojekte und verlangen von Investoren eine langfristigere Planung.
Fachkräftemangel und Digitalisierungsdefizite als Wachstumsbremse
Trotz ihrer hohen Lebensqualität steht die Schweiz vor einem wachsenden Fachkräftemangel, insbesondere in den Bereichen IT, Ingenieurwesen und Gesundheitssektor. Die restriktive Zuwanderungspolitik erschwert die Rekrutierung internationaler Talente, während andere Länder mit gezielten Anwerbeprogrammen um qualifizierte Arbeitskräfte konkurrieren. Gleichzeitig behindert die schleppende Digitalisierung der Verwaltung effiziente Genehmigungsverfahren für Grossinvestitionen und Infrastrukturprojekte.
Energiesicherheit und Infrastruktur als kritische Standortfaktoren
Die Abhängigkeit von Energieimporten bleibt eine zentrale Schwachstelle der Schweizer Wirtschaft. Obwohl die Bemühungen um einen Ausbau der einheimischen Stromproduktion zunehmen, führen lange Planungsverfahren und lokale Widerstände gegen Grossprojekte zu erheblichen Verzögerungen. Für Industrieinvestoren wird die Versorgungssicherheit damit zu einem entscheidenden Kriterium bei der Standortwahl.
Strategische Anpassungen für Investoren in der neuen Ära
Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Schweiz ein stabiler und innovativer Wirtschaftsstandort. Um jedoch in der neuen geopolitischen und wirtschaftlichen Realität erfolgreich zu bleiben, müssen Unternehmen ihre Strategien anpassen. Dazu gehört eine stärkere Diversifizierung der Absatzmärkte, um Abhängigkeiten von einzelnen Wirtschaftsblöcken zu reduzieren. Gleichzeitig können Investitionen in Automatisierung und künstliche Intelligenz helfen, den Fachkräftemangel zu kompensieren. Zudem wird ein aktives politisches Risikomanagement immer wichtiger, um regulatorische Hürden frühzeitig zu erkennen und zu umgehen.
Fazit: Die Schweiz im Spannungsfeld globaler Machtverschiebungen
Die Schweiz steht nach wie vor auf solidem wirtschaftlichem Fundament, doch die Zeiten, in denen Direktinvestitionen quasi automatisch in das Land flossen, sind vorbei. Unternehmen müssen sich auf eine komplexere, fragmentiertere Welt einstellen, in der Protektionismus und geopolitische Spannungen neue Herausforderungen schaffen. Gleichzeitig eröffnen sich aber auch Chancen in aufstrebenden Märkten, die bisher weniger im Fokus standen. Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen durch beschleunigte Digitalisierung, verbesserte Energieinfrastruktur und eine flexiblere Zuwanderungspolitik weiter zu optimieren, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz zu sichern.

Quelle Bild: Chat GPT



