top of page

Erreichbarkeit: Erfolg oder Misserfolg von Wirtschaftsstandorten

  • Autorenbild: Remo Daguati, CEO LOC AG
    Remo Daguati, CEO LOC AG
  • vor 14 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 23 Minuten

Die Qualität der Erreichbarkeit ist einer der zentralen Treiber, wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaftsstandorten geht. Sie beeinflusst nicht nur, wie Unternehmen ihre Standorte wählen, sondern auch, wie attraktiv ein Arbeitsort für Fachkräfte ist.


Mobilität wird damit zu einem entscheidenden Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung – und zu einem zunehmend harten Standortfaktor. Da in der Schweiz in der Verkehrsplanung meist nur dogmatische Ansätze zur Verkehrsverlagerung und -eindämmung angewandt werden, gefährdet das Land seinen Wohlstand.


Fachkräfte entscheiden nach Qualität und Reisezeit – nicht nach Luftlinie

Unzählige Standortanalysen zeigen: Für Talente ist die Frage, wie schnell und wie bequem sie ihren Arbeitsplatz erreichen, oft entscheidender als Löhne. Die Bereitschaft zu pendeln hängt stark von der Tür-zu-Tür-Reisezeit ab. Ab etwa 45 Minuten beginnt das Interesse vieler Fachkräfte zu sinken; ab rund 60 Minuten setzt eine spürbare „Seuchquote“ ein – also eine wachsende Wahrscheinlichkeit, dass ein Jobangebot abgelehnt wird oder eine Stelle gar nicht erst in Erwägung gezogen wird. Bei hochqualifizierten Personen ist diese Schwelle zwar höher, doch auch diese Berufsgruppe zieht klare Grenzen, welchen Arbeitsweg sie sich zumutet.


Besonders ins Gewicht fällt dabei die Qualität der Verkehrsträger: Intercity-Verbindungen werden klar bevorzugt, S-Bahn-Systeme folgen, während Busse und Trams aufgrund längerer Wege, Stopps und bei mehreren Umsteigevorgängen deutlich schlechter bewertet werden. Der Verkehrsträger mit geringeren Fliehkräften und weniger Ruckeln wird favorisiert - man will ja schliesslich produktiv sein auf dem Arbeitsweg. Umstiege gelten generell als Komfortverlust - ab zwei Wechseln der Verkehrsträger je Weg wird es eng, ab drei Wechseln kritisch. Jedes zusätzliche Wechseln eines Verkehrsmittels reduziert die Standortattraktivität überproportional.


Unternehmen brauchen grosse Arbeitsmarktgebiete

Für Firmen ist die Rechnung simpel: Je grösser das in akzeptabler Reisezeit erreichbare Fachkräftepotenzial, desto besser stehen die Chancen, qualifizierte Mitarbeitende zu gewinnen. Erreichbarkeit ist strategische Ressource. Datenmodelle zeigen, dass sich die Erreichbarkeit über den ÖV und den motorisierten Individualverkehr sehr unterschiedlich entwickeln kann – und dass Verkehrsengpässe, Taktlücken oder unzureichend abgestimmte Systeme den Pool an verfügbaren Talenten massiv schrumpfen können. Standorte, die etwa den motorisierten Individualverkehr einseitig einschränken, ohne dass alternative Verkehrsträger vergleichbare Fachkräftepotentiale erschliessen, werten ihre Standortqualität auf Dauer ab.


ÖV als Schlüssel für wissensbasierte Tätigkeiten, Alternative Mobilität als Ergänzung

Wissensintensive Funktionen und Dienstleistungen bevorzugen zwar den öffentlichen Verkehr – nicht zuletzt, weil Arbeit während der Fahrt möglich ist. Entsprechend entscheidend sind:

  • Direktverbindungen oder maximal ein Umstieg

  • kurze Wartezeiten

  • hohe Taktfrequenzen

  • eine leistungsfähige Feinverteilung (S-Bahn, Tram, Bus)


Fehlen solche Qualitäten, verlieren Standorte im Wettbewerb mit besser angebundenen Regionen rasch an Attraktivität. Neue Mobilitätsformen – E-Bikes, E-Scooter, On-Demand-Shuttles – verbessern zwar die Qualität der „letzten Meile“ und erleichtern den Zugang zu Bahnhöfen oder Quartieren. Sie können Reisezeit und Komfort optimieren, ersetzen jedoch keine strukturelle Schwäche der übergeordneten Verkehrssysteme. Sie wirken entsprechend als Beschleuniger, nicht als Kompensator.


Mit der Einführung von zukünftigen, koppelbaren, rüttelarmen und vollautonomen Fahrformen werden hybride Verkehrsträger mit den Vorteilen von öffentlichen wie individuellen Verkehr entstehen. Diese Entwicklung wird aber von Politik wie Planung nach wie vor ausgeklammert. In aktuellen Planungen fehlen Warteräume oder Ein- und Umsteigezonen für künftige Verkehrsformen - zum Nachteil eines jeden Standorts, der rückwärtsgerichtete, meist ideologisch geprägte Fehlplanungen zulässt.


Mehr als Infrastruktur: Mobilitätspolitik prägt Standortentwicklung

Standorte, die ÖV-Knoten stärken, multimodale Netze unter Berücksichtigung aller Verkehrsträgern ausbauen und Verkehrsdrehscheiben (zum schnellen Verkehrsträgerwechsel) systematisch ermöglichen und bewirtschaften, schaffen sich langfristge Vorteile gegenüber Regionen, welche ihre Mobilität fragmentiert, dogmatisch dominiert oder widersprüchlich organisieren. Gleichzeitig zeigt sich: Ohne funktionierende Schienenachsen lassen sich Defizite auf Strasse und Bus heute noch nicht ausgleichen. Dass zukünftige Mobilitätssysteme diese Grenzen verschieben, ist aber so gut wie sicher.


Erreichbarkeit ist kein Nice-to-have, sondern ein Erfolgsfaktor

Erreichbarkeit bestimmt, wie viele Unternehmen sich ansiedeln, welche Jobs geschaffen werden und ob Regionen Fachkräfte halten können. Für die Zukunft erfolgreicher Wirtschaftsstandorte gilt deshalb: Schnelle Verbindungen, kluge Takte und optimale Umsteigepunkte sind genauso wichtig wie Innovationsparks, Hochschulen oder Steuermodelle. Mobilität bleibt – besonders für wissensbasierte Ökosysteme – eine der härtesten Währungen im Standortwettbewerb.


Future Mobility

 
 

LOC AG - Josefstrasse 92 - CH-8005 Zürich - +41 43 277 02 70 - info@loc.ag

  • LinkedIn Social Icon
  • X
  • YouTube Social  Icon
bottom of page